Vertrauen systematisch aufbauen
In seinem Systembaukasten zum Vertrauen zeigt Jan Ditgen, dass man Vertrauen wie ein stabiles Gebäude aufbauen kann. Dabei entwickelt sich das Gebäude ständig weiter, es wird mit der Zeit stabiler, wenn immer weiter Bausteine des Vertrauens hinzugefügt werden. Ein stabiles Vertrauensgebäude übersteht auch die ein oder andere Krise, denn es ruht auf mehreren tragenden Säulen. Wenn eine Säule einen Riss bekommt, stützen die anderen Säulen das Gebäude noch ausreichend gut. Bei seinen Einsätzen als Vertrauens-Feuerwehrmann wird oft gefragt:"Wie können wir das Vertrauen wieder herstellen?". Nach einer Analyse stellt sich dann leider manchmal die Frage: "Welches Vertrauen? Hat es je welches gegeben?" Das Gebäude des Vertrauens kann in diesem Fall nicht auf ebenem Grund gebaut werden, es ist nicht mal ein Fundament enthalten.
Die Säulen des Vertrauens:
Vertrauen ruht auf 3 Säulen, die jeweils aus verschiedenen Bausteinen bestehen. Die Säulen sind Kompetenz, Charakter und Leistungsbereitschaft. Wenn ich jemandem Vertrauen schenke, frage ich mich (unbewusst): Kann der leisten, was ich von ihm will? (Kompetenz) Will er das auch? (Leistungsbereitschaft) Haut er mich übers Ohr? (Charakter). Je nach Situation haben die Säulen ein unterschiedliches Gewicht: Wenn ich jemanden bitte, für mich einen Brief einzuwerfen, wird die Kompetenz kaum in Frage stehen. Hier hat die Zuverlässigkeit als Baustein der Säule "Charakter" eine wichtige Funktion. Möchte ich jemanden vertrauen, der mich in Finanzfragen berät, ist die Kompetenz jedoch eine tragende Säule, damit ich ihm vertrauen kann.
1. Säule des Vertrauens: Kompetenz
Wer sich einem anderen Menschen anvertraut, weil er eine bestimmte Aufgabe nicht selber leisten kann (oder will), muss sicher sein, dass derjenige kompetent ist. Dabei kommt es nicht nur auf die reine Fachkometenz an, die Säule Kompetenz besteht aus 3 Bausteinen.
Kompetenz Baustein 1: Fachkompetenz
Je weniger ich eine Aufgabe selber erledigen kann (z.B. Blinddarmoperation oder Autoreperatur), desto wichtiger ist, dass der Vertrauensnehmer, also der, dem ich vertraue, die fachliche Kompetenz besitzt.
Kompetenz Baustein 2: Kommunikationskompetenz
Mein Vertrauen wächst, wenn der Arzt meiner Operation mit Kommunikationskompetenz ausgestattet ist und so mit mir über die Operation spricht, das ich es verstehe und meine Fragen geklärt werden.
Kompetenz Baustein 3: Sozialkompetenz
Umgangssprachlich könnte man sagen: wer gut mit anderen Menschen kann, dem kann man leichter vertrauen.
2. Säule des Vertrauens: Charakter
Was nützt die höchste Kompetenz, wenn ich den Eindruck habe, das mich der andere ausnutzen oder übers Ohr hauen wird. Dann ist Vertrauen nicht möglich. Auch die Säule "Charakter besteht aus mehreren Bausteinen.
Charakter Baustein 1: Ehrlichkeit
Wahrheit und Vertrauen sind eng miteinander verknüpft. Vertrauen geht verloren, wenn eine Aussage, die für die Vertrauensbeziehung wichtig ist, sich als unwahr herausstellt.
Wenn Ihr Arzt sagt: Diese Operation habe ich schon oft gemacht, sie finden aber heraus, das es seine erste derartige Operation war, ist das Vertrauen dahin. Bekommen Sie mit, dass er seine Frau anlügt, ist das für das Arzt-Patienten Verhältnis vielleicht nicht relevant. Dennoch kann auch dies dazu führen, dass Sie ihm zukünftig weniger glauben und sich so negativ auf das Vertrauen auswirken.
Charakter Baustein 2: Zuverlässigkeit
Wenn ich jemanden bitte einen dringenden Brief in den Briefkasten zu werfen, dann ist klar, die Kompetenz dazu sollte er haben. Er kann auch durch und durch ehrlich sein, wenn er vergisst, den Brief einzuwerfen, kann ich ihm in dieser Sache nicht mehr vertrauen.
Charakter Baustein 3: Menschenfreudlichkeit
Dieser Baustein, der sich nicht ganz mit Empathiefähigkeit übersetzen lässt, meint, dass sich jemand gerne um andere Menschen und deren Anliegen kümmert. Bei manchen Berufen wie bei einer Krankenschwester geht man von einer hohen Menschenfreundlichkeit aus, bei einem Immobilienmakler eher von einer geringen. Man kann es auch auf den Punkt bringen: Wenn jemand etwas für mich macht, macht er es wegen der Bezahlung? Oder weil ihm an mir als Mensch gelegen ist?
3. Säule des Vertrauens: Leistungsbereitschaft
Will derjenige, dem ich vertrauen möchte überhaupt, dass ich ihm vertraue? Vielleicht gilt seine Loyalität schon jemand anderem. Auch hier gibt es einzele Bausteine. Ich möchte das Gefühl haben, bei demjenigen dem ich vertraue, mit meinem Vertrauen auch willkommen zu sein.
Leistungsbereitschaft Baustein 1: Kapazitäten
Es gibt Menschen, die halsen sich einfach zu viel auf. Sie können nicht nein sagen. Oft gelingt es Ihnen nicht, die Versprechungen einzuhalten. Das liegt nicht am mangelnden Willen. Jetzt gibt es aber auch Menschen, die Ihre Kapazitäten gut im Griff haben. Vielleicht sagen Sie uns, das wir in einer konreten Situation gerade nicht mit ihnen rechnen können. Hier wäre es falsch auf die Leistungsbereitschaft zu vertrauen.
Leistungsbereitschaft Baustein 2: Loyalität
Gerade im beruflichen Alltag lauern Loyalitätskonflikte, wenn man mit mehreren Kollegen ein vertrauensvolles Verhältnis pflegt. Wenn Ihnen Kollege A im Vertrauen erzählt, dass er bald kündigt, Ihr Vorgesetzer (zu dem Sie auch ein vertrauensvolles Verhältnis pflegen) sie nun fragt, ob Sie etwas zu Kollege A wissen, dann sind Sie in einem Loyalitätskonflikt. Das Vertrauensverhältnis zu einem kann nicht richtig aufrecht erhalten werden.